Verpaßte Gelegenheit. Die Überarbeitung des Polizeigesetzes hätte dazu genutzt werden können, es von Überflüssigem zu entschlacken. Anstattdessen wurde es nicht nur mit zusätzlichem Überflüssigen angereichert, sondern  – man kann es nicht anders schreiben – es enhält auch wirklichen Blödsinn.

Das neue Polizeigesetz von Thusis ist zu großen Teilen eine Dummheit. Es erinnert an den Unsinn der Schildbürger.

Diese bauten zum Beispiel ein Rathaus, doch vergaß der Architekt die Einplanung von Fenstern und das Rathaus war somit innen stockfinster. Daraufhin versuchen die Schildbürger, mit Eimern das Sonnenlicht einzufangen und ins Innere zu tragen, was allerdings fehlschlug.

Ungefähr genauso stockfinster wird es, liest man einmal das neue Polizeigesetz bzw. schaut sich einmal an, was dort eigentlich so alles drinsteht. Es erscheint zu weiten Teilen von Schildbürgern verfaßt.

In der Schweiz gibt es jedes Jahr 60.000 neue Seiten an zusätzlichen Gesetzen. Als ob das nicht genug wäre, kommen dann noch Gesetze, Verordnungen und Durchführungsbestimmungen etc. auf anderen Ebenen dazu. Etwa auf Gemeindeebene. Das wäre eigentlich ein Grund zur Mäßigung. Doch was in Thusis gerade gemacht wurde, ist genau das Gegenteil davon.

Das Polizeigesetz von Thusis schreibt zum Beispiel vor, daß das Verrichten der Notdurft in Siedlungsgebieten verboten ist. Wäre es denn nicht verboten, wenn dies nicht überflüssigerweise im Polizeigesetz stünde? Natürlich doch. Der größte Teil des Polizeigesetzes von Thusis ist daher so überflüssig wie Hundekot am Schuh.

Das Polizeigesetz von Thusis schreibt zum Beispiel vor, daß das Verrichten der Notdurft in Siedlungsgebieten verboten ist. Wäre es denn nicht verboten, wenn dies nicht überflüssigerweise im Polizeigesetz stünde? Natürlich doch. Der größte Teil des Polizeigesetzes von Thusis ist so überflüssig wie Hundekot am Schuh. (Foto: SchweizBlog.ch)

An der Abstimmung vom Wochenende ist auch dem neuen Polizeigesetz zugestimmt worden.

Die meisten Personen, welche das neue Gesetz durchgewunken haben, dürften es nicht gelesen haben. 82 offenbar schon. Denn 82 Stimmbürger lehnten das neue Polizeigesetz ab. Die anderen 480 Stimmzetttel enthielten ein Ja.

Es ist erschreckend, daß eine kleine Zentrumsgemeinde wie Thusis, welche unter chronischer Finanznot leidet, für soetwas Geld ausgibt.

Denn das neue Polizeigesetz von Thusis ist nicht nur völlig überdehnt, es stehen zahlreiche vollkommen überflüssige Sachen drin.

Etwa, daß man öffentliches Eigentum nicht beschädigen darf. Sowas ist im Schweizer Recht doch bereits festgelegt und man muß doch nicht als jede winzige Gemeinde zusätzliche Formulierungen und Gesetzestexte dazufügen oder geltendes Recht anders formulieren.

So, als ob jede kleine Gemeinde besser wäre als die Gesetzgeberschaft der Eidgenossenschaft.

Im neuen thusner Polizeigesetz steht etwa drin:

Art. 7: “Es ist verboten, öffentliche Sachen zu beschädigen, zu verunreinigen (vgl.  auch Art. 36h kant. PolG), sie unbefugterweise sowie entgegen ihrer Zweckbestimmung zu benützen oder zu verändern.”

Das neue Polizeigesetz von Thusis: Man kommt sich etwas vor wie bei den Schildbürgern.

Das neue Polizeigesetz von Thusis: Man kommt sich etwas vor wie bei den Schildbürgern.

Da formulieren hochintelligente Leute auf kommunaler Ebene also mit ihren Worten unter andrem aus, daß man keine Sachbeschädigungen begehen darf. Als ob man sowas auf Gemeindeebene als Artikel kreieren müsse. Und als ob in der Schweiz bzw. in Thusis Sachbeschädigungen gegen öffentliche Sachen nicht strafbar wären, wenn dies nicht in einem kommunalen Polizeigesetz zusätzlich verankert wäre.

Und glorreicherweise wird dann im Gemeindegesetz-Artikel gleich auf die kantonale Gesetzgebung verwiesen.

Als würde es nicht mehr als ausreichen, daß Sachbeschädigung ja ohnedies schon nach den Gesetzen der Eidgenossenschaft strafbar wäre, mußte also der Kanton noch seinen Senf dazugeben und das eigen ausformulieren.

Und als ob das noch nicht genug an unsinnigen Verschleiß von Energie für überflüssige Rechtsbürokratie wäre, muß dann darüberrhinaus noch die Gemeinde Thusis im Polizeigesetz dazu was formulieren.

Den Art. 7 des Polizeigesetzes Thusis könnte man doch ersatzlos streichen. Welchen Sinn soll sowas ergeben?

Und weiter stehen im Polizeigesetz von Thusis schwülstige Sachen drin, bei deren Formulierung sich der Verfasser wohl extrem bedeutend vorgekommen sein muß.

Etwa gibt es unter I. Art. 6 eine “Polizeiliche Generalklausel“.

Was steht in einem so wichtig-klingenden Artikel eigentlich drin? Schauen wir es uns einmal an: Dort heißt es:

Der Gemeinderat oder die Gemeindepolizei trifft im Einzelfall unaufschiebbare Maßnahmen, wenn eine ernste, unmittelbare und nicht anders abwendbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht.

Jeder Gemeinderat in der Schweiz kann bei “nicht anders abwendbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung unaufschiebbare Maßnahmen ergreifen”. Und zwar auch denn, wenn dies nicht in einem gemeinde-eigenen Polizeigesetz steht. Sowas muß man daher nicht in ein kommunales Gesetz gießen.

Daher: Der Gemeinderat von Thusis mag sich aufgrund solch schwülstiger Formulierungen extrem wichtig und bedeutend vorkommen, aber bei genauer Betrachtung ist solch ein Artikel absolut hirnrissig.

Wer nun denkt, es geht nicht mehr schlimmer, der täuscht sich. Denn Bürokraten sind extrem erfinderisch, wenn es um das Schaffen von unnötiger Bürokratie geht.

Im neuen Polizeigesetz der Gemeinde Thusis stehen etwa Sachen drin wie:

“Verboten sind auf öffentlichem Grund sowie auf privatem Grund Dritter namentlich

– das Wegwerfen von Abfällen sowie
– im Siedlungsbereich das Verrichten der Notdurft.

Jede trotzdem verursachte Verunreinigung ist umgehend zu beseitigen.
Verursacht eine Verletzung dieser Vorschrift bei der Gemeinde Aufwendungen, so können diese dem Verursacher in Rechnung gestellt werden.”

Jetzt überlegen wir einmal:  Viele Gemeinden in der Schweiz haben gar kein eigenes Polizeigesetz. Heißt das, daß man in solchen Gemeinden im Siedlungsbereich ungestraft seine Notdurft verrichten darf und Abfälle wegwerfen darf?

Natürlich nicht. Denn dafür gibt es umfangreiche schweizerische Gesetze. Auch dieser Teil des neuen Polizeigesetzes ist so überflüssig wie ein Stück Kot am Schuh. Sinn machen würden so ein Passus nur, wenn man schärferes Recht in der Gemeinde durchsetzen wollte, als es in der Eidgenossenschaft gilt. Etwa, indem man einen Passus hinzufügt, daß das Wegwerfen von Abfällen mit 100 Franken gebüßt wird in Thusis. Sowas steht aber gerade nicht im neuen Polizeigesetz.

Oder lesen wir einmal II Art. 9. Dort heißt es:

Auf öffentlichem Grund ist das Kämpieren in Zelten, Wohnmobilen und dergleichen verboten.

Ausgenommen von diesem Verbot sind die von der Gemeinde für das Kämpieren speziell bezeichneten Stellen. Auf Gesuch kann der Gemeinderat weitere Ausnahmen bewilligen.

Ein ebenso völlig überflüssiger Bürokratenunsinn. Selbstverständlich wäre das Kämpieren in Zelten, Wohnmobilen und dergleichen noch lange nicht einfach zulässig, wenn es diesen Artikel nicht gäbe. Und selbstverständlich kann auch jede Gemeinde ohne daß sowas ein Bürokrat in ein Gesetz gießt, Ausnahmen bewilligen. Noch besser ist dann die Anmerkung: “Ausgenommen von diesem Verbot sind die von der Gemeinde für das Kämpieren speziell bezeichneten Stellen.”

Mann, wer hätte das gedacht?

In Thusis darf man auf einem Kämpingplatz kämpieren.

Warum bereichert man das thusner Polizeigesetz nicht bei der Gelegenheit noch um zahlreiche andere sinnvolle Sachen?

Etwa:

Auf öffentlichem Grund ist das Autofahren mit Autos, Kleinwagen oder Limosinen verboten.

Ausgenommen von diesem Verbot sind die von der Gemeinde für das Autofahren speziell bezeichneten Stellen. Auf Gesuch kann der Gemeinderat weitere Ausnahmen bewilligen.

Hier wurde einfach das Wort Kämpieren durch Autofahren ersetzt.

Weiteren sinnvollen Ergänzungen sind keine Grenzen gesetzt.

Gut passend wäre etwa eine wichtige Ergänzung wie: “Die Fußgängerstreifen und Fußwege dürfen in Thusis von Fußgängern benützt werden.”

Um hier nicht noch weitere glänzende Beispiele anzuführen: Man könnte Artikel 9 daher ebenfalls ersatzlos streichen. Er ist unsinnige und stoßende Bürokratie.

Doch wer nun glaubt, daß es schwachsinniger nicht mehr geht, der sieht sich getäuscht. Gerade lese ich III Art. 11.

Dort heißt es doch tatsächlich:

Das Verändern von Schutz-, Abschrankungs- und Signalisationsvorrichtungen aller Art sowie insbesondere das mutwillige Abdecken von Bodenöffnungen, Sammlern, Gruben usw. ist verboten.

Ja, was denn? Wäre dies nicht verboten, wenn es nicht in einem kommunalen Polizeigesetz von Thusis stünde? Dürfte ich dann in Thusis Gulli-Deckel entfernen oder Abschrankungen und Signalisationsvorrichtungen einfach wegnehmen?

Natürlich nicht.

Wer hat sich eigentlich diesen Unsinn ausgedacht, der im thusner Polizeigesetz steht, frage ich mich gerade?

Doch es steht noch mehr Unfug in dem neuen Polizeigesetz von Thusis.

Man lese und staune, denn unter III Art. 15 heißt es doch glatt: Der Gebrauch von Schußwaffen ist nur in Schießanlagen gestattet.

Stünde dieser nicht in dem Polizeigesetz, dann dürfte in Thusis also jeder wild herumschießen?

Natürlich nicht. Was für ein völlig schwachsinniger Satz! Es gibt ein umfangreiches Schweizer Waffengesetz.

Unter III Art. 16 erfährt man:

Das Entfachen von Feuer ist verboten, wenn Bauten, Anlagen und Pflanzbestände unmittelbar gefährdet sind (Art. 6 Abs. 1 lit. e Brandschutzgesetz).

Ja, was für ein ausgemachter Stuß und Blödsinn, sowas in ein Polizeigesetz einer Gemeinde zu gießen. Denn natürlich wäre es in Thusis ohne diesen Passus im Gemeinde-Polizeigesetz nicht erlaubt, Feuer zu entfachen und damit Bauten, Anlagen oder Pflanzen zu gefährden.

Weiter heißt es:

Das Abbrennen von Feuerwerk (inkl. Knallkörpern) bedarf einer Bewilligung der Gemeinde (Art. 7 Abs. 1 lit. e Brandschutzgesetz).
Keine Bewilligung ist für übliche Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel und am Nationalfeiertag erforderlich.

Wenn es die Verhältnisse erfordern, kann der Gemeinderat das Feuern im Freien sowie das (bewilligungsfreie) Abbrennen von Feuerwerk im Rahmen einer Allgemeinverfügung vorübergehend generell beschränken oder verbieten.

Auch diese Passi könnte man einfach streichen. Denn auch ohne, daß dies in einem gemeindeeigenen Polizeigsetz stünde, wäre dem so, wie es oben steht.

In III Art. 18 Polizeigesetz der Gemeinde Thusis steht, daß man mit Tieren keine Menschen gefährden darf. Was für ein Unfug, sowas in ein kommunales Polizeigesetz zu schreiben. Dann auch ohne daß dies in einem gemeindeeigenen Polizeigesetz steht, ist dies in der Schweiz selbstverständlich verboten, mit Tieren Menschen zu gefährden. Und Thusis gehört ja nunmal zur Schweiz.

In III Art. 18 Polizeigesetz der Gemeinde Thusis steht, daß man mit Tieren keine Menschen gefährden darf. Was für ein Unfug, sowas in ein kommunales Polizeigesetz zu schreiben. Dann auch ohne daß dies in einem gemeindeeigenen Polizeigesetz steht, ist dies in der Schweiz selbstverständlich verboten, mit Tieren Menschen zu gefährden. Und Thusis gehört ja nunmal zur Schweiz.

Oder man lese: III Art. 18
 
“Tiere sind so zu halten, daß weder Menschen, Tiere oder Sachen gefährdet werden, zu Schaden kommen oder durch Lärm, Gerüche oder  in anderer Weise übermäßig belästigt werden.”

Ebenfalls völlig überflüssig. Dies gilt auch in jeder Gemeinde ohne Polizeigesetz. Das Schweizer Recht schreibt ohnedies vor, daß man mit Tieren nicht Menschen oder Sachen gefährden darf.

Hunde haben einen eigenen Artikel im Polizeigesetz von Thusis: III Art. 19

Dort liest man dann: Hundehalter und -führer haben den Kot ihrer Hunde im gesamten Siedlungsbereich (öffentlicher und privater Grund), auf landwirtschaftlichem Nutzland sowie generell auf und entlang von Straßen und Wegen (inklusive Spazier- und Wanderwegen) unverzüglich zu beseitigen.

Heißt das also etwa, daß man in jenen Gemeinden, die kein Polizeigesetz haben oder solches nicht in ein Polizeigesetz schreiben, daß man dort also Hundekot nicht entfernen muß? Wohl kaum.

Auch diesen Passus könnte man also ersatzlos entfernen.

Im neuen Polizeigesetz von Thusis stehen viele weitere sinnvolle Sachen. Ich möchte es mir und den Lesern ersparen, das hier weiter wiederzugeben.

Nur noch eins: Als ob da nicht schon genug Unfug im eigentlichen Gesetz stehen würde, gibt es nun im Anschluß noch einen Hinweis auf zusätzliche “Ausführungsbestimmungen”.

Unter III Art. 32 des neuen Gesetzes heißt es: Der Gemeinderat erläßt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen. Da wiehert aber der Amtsschimmel, wenn zu einem solchen Gesetz auch noch Ausführungsbestimmungen dazukommen. Wie lang und umfangreich die wohl ausfallen werden?

Na, dann gute Nacht…

Remo Maßat

 

 

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